Wall Street hat gewonnen

„Die Zeit“ stellt lakonisch fest „Die Wall Street siegt“ (17.12.2009). Denn bei den anstehenden Finanzmarktregulierungen fehlen ausgerechnet belastbare Regeln für den Derivate-Markt. Dieser Markt, der derzeit 600 Billionen Dollar umfasst (vor der Krise waren es 700 Billionen) war Auslöser der Wirtschaftskrise und ist immer noch der für die Realwirtschaft, die Staaten, die Währungen und die Menschen gefährlicheste Teil des Finanzmarkts.

Doch das Wall Street Kartell der Derivate-Profiteure – die Großbanken J.P. Morgan Chase, Goldman Sachs, Bank of America, Morgan Stanley, Citigroup und Deutsche Bank haben Regeln verhindert – insbesondere die Regel, dass Derivate-Geschäfte an einer Börse öffentlich überprüfbar notiert werden sollten.

So bleibt es bei den undurchsichtigen Hinterzimmerdeals, die über den Ladentisch (englisch: over the counter) gemacht werden. Diese können zwar theoretisch nützlich sein, indem sie z.B. ein US-Unternehmen, das seine Waren nach Europa exportiert, gegen einen möglichen Verfall des Euro schützen; doch in der Realität sind es vor allem Geschäfte, die Hedgefonds und Banken machen, um auf möglichst hohe Gewinne zu wetten. Gefährlich sind die undurchsichtigen Derivate deshalb, weil sie meistens eine Transaktionskette beinhalten, die explodiert, sobald ein beteiligter Vertragspartner im Ernstfall nicht zahlen kann – so wie voriges Jahr die Investmentbank Lehman Brothers und der Versicherungskonzern AIG.

Die Großbanken der Wall Street haben die Politik eingesackt, indem sie in einer Kampagne prominente Kunden der Realwirtschaft – Apple, General Electric, IBM – gegen Derivate-Regeln aufmarschieren ließen. Diese Großkunden haben ein eigennütziges Interesse: Nicht um die Absicherung von Geschäften geht es ihnen, sondern um das Erlangen von Steuervorteilen und die Möglichkeit zur Bilanzkosmetik, die mit dem Derivatehandel einher geht. Deshalb hat der Bankeregeln-Gesetzentwurf des amerikanischen Repräsentantenhauses Ausnahmeregeln für diese „Endkunden“ und die gerade beliebten Devisen-Wetten (die schon vor 10 Jahren beim Zusammenbruch des Hedgefonds LTCM beinahe den Systemkollaps auslösten).

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