Tea Party Köche

David und Charles Koch besitzen jeweils 21,5 Milliarden Dollar vermögen und teilen sich damit Platz 5 der Superreichen-Liste des US-Wirtschaftsmagazins Forbes. Ihr Unternehmen, Koch Industries, ist ein verschwiegener Konzern, der jede Öffentlichkeit scheut und jährlich rund 100 Milliarden Dollar mit 70.000 Beschäftigten in 60 Ländern der Welt umsetzt. Die Kunstfaser Lycra wird von einem Koch Industries Unternehmen hergestellt und in Montana und Texas wird Vieh auf einer Fläche gezüchtet, die doppelt so groß wie Berlin ist. Kerngeschäft des Konzerns ist Öl. Eine einzige Tochtergesellschaft verarbeitet tätglich 800.000 Fass Rohöl, was dem Tagesverbrauch der Türkei entspricht.

Doch die beiden Konzernführer beschränken sich nicht auf ihre Geschäfte. Sie sind Finanziers und Vordenker des Extrem-Kapitalismus im Geiste der neoliberalen Staatsfeinde Friedrich August von Hayek und Joseph Schumpeter. Charles Koch Grundeinstellung zu Recht und Gesetz gipfelt in dem Spruch, dass 90 Prozent aller Gesetze wachstumsfeindlich seien. Das hinderte die Koch-Tochtergesellschaft Invista Deutschland GmbH nicht, vor der Schließung des Nylonfaser-Werks in Östringen 1,6 Millionen Euro Kurzarbeitergeld zu kassieren, ehe knapp 400 Beschäftigte entlassen wurden. Mit der amerikanischen Umweltbehörde EPA liegen die Kochs in ständigem Clinch. Allein im Jahr 2000 mussten die Koch-Unternehmen 30 Millionen Dollar Strafe für Umweltzerstörung zahlen. Die Strafe wurde verhängt, weil das Unternehmen 11 Millionen Liter Öl und verwandte Produkte in Seen, Flüsse und Küstengewässer geleitet hatte. Fast genauso viel – 25 Millionen Dollar – gaben sie dann zwischen 2005 und 2008 aus, um Organisationen zu finanzieren, die sich gegen Klimaschutzmaßnahmen wenden.

Und die Kochs sind die grauen Eminenzen hinter der aggressiv rechtsradikalen Tea Party Bewegung, die sich in den USA zum Ziel gesetzt hat, jede Sozialgesetzgebung zu zerstören, jede Steuererhöhung rückgängig zu machen und jede Kontrolle der Finanzmärkte zu verhindern. Damit setzen sie fort, was sie in den 1980er-Jahren erfolgreich praktizierten, als sie das Mercatus Center finanzierten, das 14 der 23 Deregulierungsgesetze für Präsident Reagan schrieb. Und sie sind Finanziers des Cato Institute und der Heritage Foundation, die ebenfalls im rechten Akademikerspektrum der USA großen politischen Einfluss organisieren. Die Tea Party, die derzeit die republikanische Partei kontrolliert, ist Produkt der von Koch finanzierten Stiftung „Americans for Prosperity“. Und die Tea Party bringt viele Politiker in Ämter – wobei die Kochs zusammen mit der US Handelskammer, den Konzernen Fluor und Bechtel, anderen Öl- und Kohlebaronen sowie den Eignern von Hedgefonds und Private Equity Firmen für die Wahlkampf-Finanzierung sorgen.

Quelle: Die Zeit (28.10.2010)

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