1848: hohe Steuer empfohlen

Im „Kommunistischen Manifest“ von 1848 wird unter anderem eine „starke Progessiv-Steuer“ empfohlen – also genau die Form von Einkommenssteuer, die von den Reichen abgelehnt wird. Das Instrument war übrigens schon zu Karl Marx Zeiten nicht neu. Schon im 15. Jahrhundert mussten Venedigs Kaufleute bis zu 50 Prozent ihres Einkommens an den Stadtstaat abführen.

Nebenbei: Im „Kommunistischen Manifest“ wird auch die „Centralisation des Kredits in den Händen des Staates“ vorgeschlagen.

In Deutschland machte Preußens Finanzminister Johannes von Miquel 1891 mit der Einkommenssteuer ernst: Ab einem Einkommen von 100.000 Mark (nach heutigem Wert eine Million Euro) war eine Einkommenssteuer von 4 Prozent zu bezahlen – was Rudolf von Gneist veranlasste zu jammern, dass mit Einführung dieser Steuer die „allerheiligsten politischen Grundsätze“ verletzt worden wären.

1920 setzte Finanzminister Matthias Erzberger einen Spitzensteuersatz von 60 Prozent durch – vielleicht einer der Gründe, dass ihn die rechtsradikale Organisation Consul ermordete. Immerhin: Bis in die 1980er-Jahre wirkte Erzbergers Steuerreform nach und lag der deutsche Spitzensteuersatz bei 56 Prozent.

In den USA wurde die Einkommenssteuer 1913 eingeführt – zunächst mit 7 Prozent. 1932 erhöhte sie der republikanische Präsident Herbert Hoover auf 63 Prozent und unter seinem demokratischen Nachfolger Theodore Roosevelt während des zweiten Weltkriegs sogar auf 94 Prozent. Und noch Ende der 1970er-Jahre zahlten Amerikas Reiche 70 Prozent Einkommenssteuer. Erst Ronald Reagan machte dann neoliberale Steuergeschenke und senkte den Spitzensteuersatz auf 28 Prozent. Derzeit gilt allerdings wieder ein Satz von 35 Prozent.

In Deutschland war es die rot-grüne Regierung, die 2004 den Spitzensteuesatz auf 42 Prozent senkte.

Wie diese Politik wirkt lässt sich in den USA beobachten: Das reichste Prozent der US-Amerikaner streicht heute wie in den 1920er-Jahren ein Viertel des Volkseinkommens ein. In den 1970er-Jahren lag dieser Anteil bei nur 10 Prozent.

Quelle: Die Zeit (29.7.2010)


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