Rassenpornographie

„…die Furcht vor dem Abstieg … sowie die rigide Umverteilungspolitik der schwarz-gelben Regierung mit ihrer ‚Leistungs‘-Rhetorik haben den Thesen Sarrazins Auftrieb gegeben. Diese Probleme lassen sich aber durch Salonrassismus nicht lösen“.
Das schreibt der Historiker Norbert Finzsch in einem Beitrag für die „taz“ (15.9.2010) in dem er auch an zwei historisch ähnliche Rassismen in der US-Geschichte erinnerte. Zum einen das 1994 erschienene Buch „The Bell Curve“ in dem Charles A. Murray in ähnlich pseudowissenschaftlichem Ton wie heute Thilo Sarrazin die gleichlautende These verbreitete, die Intelligenten und Erfolgreichen sollten mehr Kinder bekommen; Immigranten an der Grenze aufgehalten und Frauen mit niedrigem IQ, die Kinder gebären, bestraft werden. Die „New York Times“ nannte das Buch damals „ein rohes Stück Rassenpornographie, die sich als ernsthafte Wissenschaft maskiere“.
Das Blatt, so der Historiker Finzsch, habe damals auch daran erinnert, dass zwischen 1911 und 1917 Einwanderer in den USA einen „Intelligenztest“ absolvieren mussten, was 1923 den Eugeniker Edward A. Ross veranlasste, wie Sarrazin zu räsonieren, dass die Intelligenz der Amerikaner abnehme, da sich die Bevölkerung „rassisch“ durchmische. Zur gleichen Zeit schlussfolgerte der Princeton-Psychologe Carl C. Brigham auf Basis derselben Statistiken, dass Neger, Italiener und Juden genetisch „unerziehbar“ seien. Das Resultat dieser Rassenpornographie: Zwischen 1922 und 1924 wurde die Einwanderung aus Südeuropa in die USA faktisch beendet. Dafür sorgte die „Immigration Restriction League“, die die gesetzliche Quotierung der Einwanderung nach Nationen durchsetzte. Diese „Liga“ war Sprachrohr der damaligen Mittelschicht.


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